Ich bin nach dieser intensiven Woche müde, aber wie immer nach einer Tagung auch aufgewühlt und fahrig im Sinne von nervös. Die Tagung war eigentlich als Workshop geplant. Die Teilnehmenden kamen aus Italien, Australien, Deutschland und Amerika, wobei die beiden Amerikaner online teilnahmen. Es ging um die 2. Sophistik und die Bedeutung der Materialität in diesem Kontext, wobei der Begriff Materialität im Grunde die materielle Kultur meint, da es von Zeit zu Zeit neue Wörter braucht, um das Süppchen am Kochen zu halten, genauso, wie es derzeit keine Themen ohne den Begriff Raum oder – noch häufiger – Räume gibt. Es strengt mich zunehmend an, tagelang Englisch zu sprechen und komplizierte Vorträge nicht gut zu verstehen, was durchaus auch an meiner Hörschwäche liegt. Dabei waren die aus Texas und North Carolina zugeschalteten Kollegen gut zu hören und zu verstehen. Nachdem ich drei Tage in ihr Wohnzimmer guckte, sie beim Nasenbohren, Gähnen, Kopfkratzen und Snacken auf der großen Leinwand beobachten durfte, erschienen mir die beiden beim Abschiedswinken wie alte Kumpel. Ich machte mich gleich nach Ende der Tagung auf den Weg, weil ich einerseits das Wochenende beginnen lassen wollte und auch noch Vorbereitungen für den bevorstehenden Urlaub zu erledigen hatte.
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Der Urlaub kommt mir eigentlich ungelegen so Mitten im Arbeiten und im Semester, wobei mich der Gedanke an Baden in der Therme nach dem Wintersport glucksen lässt. Die Temperaturen sollen im zweistelligen Minusbereich pendeln, weshalb ich mir die Hightech-Minus-50-Grad-Skiunterwäsche vom Pubertier borge und zur Sicherheit drei Garnituren einpacke, falls sich das Wetter noch in andere Richtungen ändern sollte. Der Gedanke an den abendlichen Thermenbesuch erlaubt dem Tag Kälte, Regen und Schnee.
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Um einigermaßen fit in den Urlaub zu gehen, gehe ich heute am Morgen bald nach dem Frühstück ins Gym. Ich packe meine Sporttasche, entferne eine leere Tube Duschgel und suche nach einer Neuen. Es ist jedenfalls bemerkenswert, dass ich kein Damenduschgel auf Vorrat mehr finde, allerdings sechs Tuben und Flaschen Männerduschgel, meist 2 in 1 und sehr oft mit Sporttouch. Offenbar mögen die Krautundrübenherren gerne Frauenduschgels, während ich aber keine Männerduschgels mag, die übrig bleiben. Ich meine ein Kompromiss-Duschgel gefunden zu haben, als ich eine Tube Duschtonic mit blauem Eukalyptus und Zypresse erblicke, das meinen strapazierten Muskeln nach dem Training die nötige Kühle bieten würde, als ich lese Männerpflege mit Naturkompetenz und mich nur mehr wundern muss, wer denn da jetzt kompetent für was ist. Im Gym fühlt sich das Laufen wiederholt gut an, sodass ich gut in die Gänge komme, wegen dem Krafttraining das Laufen aber stoppen muss, weil sich beide an einem Tag nicht gut vertragen – angeblich. Ich gehe zu den Geräten und beginne mit den üblichen Rückenmuskelübungen, als ich eine junge Dame im für mich bislang gemiedenen Bereich bei der Kabel-Gewichtmaschine sehe, mit einer Übung beschäftigt, die ich mir auch zutraue. Damit meine ich aber nicht im Sinne von Schaffen, also die Übung schaffen, sondern meinem Problem beim erstmaligen Betätigen oder Erstkontakt (schon wieder so ein Begriff) mit der Maschine, wenn ich glaube, dass mir Menschen zugucken. Letztlich gehe ich in den üblicherweise hauptsächlich von muskelbepackten, keuchenden Männern belegten, von mir stets gemiedenen Bereich, der am Morgen noch wenig frequentiert ist, und mache dort neue Übungen, die – dem aktuellen Muskelkater zufolge – offenbar neue Muskeln ansprechen. Jedenfalls betätige ich vor lauter Begeisterung, mich auf die andere Seite des Gym vorgewagt zu haben, vier neue Kabelzugmaschinen-Übungen. Sollte fürs Erste fürs Skifahren reichen.
Hals- und Beinbruch von Frau Krautundrübe