Das Planen verschiebe ich auf 2026

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Der letzte Tag im Jahr hat gewöhnlich einen langen Bart. Dieses Jahr zeigt er sich von seiner sehr eisigen Seite. Minus 8 Grad am frühen Morgen sind im südlichen Österreich nicht mehr selbstverständlich. Auch die nächsten Tage sollen Schnee und eisige Kälte im zweistelligen Bereich bringen. Ich mag die Kälte, weil der Garten ruhen kann, die Kamelie, die schwedischen Veroniken und die kleine Palme werden aber vorsorglich in den Keller gerettet.

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Ich wache sehr früh auf, da es zu kalt im Schlafzimmer ist. Meine Befürchtung bewahrheitet sich, die Heizung ist ausgefallen und dies wiederholt. Der Druck fällt wegen Wasserverlust ab, weshalb sich die Heizung ausschaltet. Eigentlich fühlt es sich nach einem Heizungstechniker an, Herr Krautundrübe behebt den Schaden – hoffentlich für ein paar Tage, schließlich sollen es die jungen Menschen heute beim Feiern des Jahreswechsels warm haben. Ich bin überrascht, wie schnell die Räume auskühlen und denke an die Menschen in der Ukraine, die wochenlang ohne Heizung leben, nur selten Strom haben. Der Krieg geht in das wievielte Jahr?

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Nein, hier gibt es keinen Rückblick, keine Listen von gelesenen Büchern, schönsten Momenten, bestes Essen oder jährlichen Schrittstatistiken. Nein, nicht, dass es das Jahr 2025 nicht wert gewesen wäre, reminisziert zu werden, ich blicke gerne nach vorne, mag das Planen, die Vorfeude. Schön ist in diesem Zusammenhang, wenn sich die Vorfreude auch auf die tägliche Arbeit bezieht. So ist meine nächste Arbeitskampagne in der Türkei für das Jahr 2026 bereits minutiös von mir geplant. Ich freue mich auf die lieben Menschen dort, auf die schöne Arbeit und das Leben insgesamt in der Türkei. Dass diese Vorfreude wiederholt von den türkischen Behörden gemildert ist, zeigt sich nach dem gestrigen Anruf eines Mitarbeiters der türkischen Botschaft. Ich stecke bereits in der Outdoorkleidung für die geplante Wanderung, warte gerade noch, dass der Tee in der Thermoskanne zieht, als das Telefon klingelt. Ich bin seit mehrjähriger Zusammenarbeit mit türkischen Institutionen einiges gewohnt, deshalb habe ich vielleicht instinktiv auf einen Anruf gewartet und diesen dann auch angenommen. Deadline für alle Anträge bezüglich Forschungsvorhaben in der Türkei ist jeweils der 31.12.. Die Einreichung der Antragsformulare erfolgt von meiner Seite her für meine Mitarbeiter*innen und mich bereits Ende November auf Nachfrage immer analog an die türkische Botschaft, nicht wissend, dass es mit Dezember dieses Jahres ein neues Antragsformular gibt, verbunden mit einer elektronischen Einreiche bei der türkischen Botschaft. Darauf macht mich der mehr oder weniger pragmatische Herr von der türkischen Botschaft im Zuge unserers Telefonats aufmerksam. Die geplante Wanderung, das Feiertagsfeeling, die Erholung sind mit einem Schlag verflogen. Ich frage ihn vorsichtig, nach meiner Erfahrung ist bei türkischen Behörden die Vorsicht oberstes Gebot, wie er es sich vorstellt, dass ich alle meine Mitarbeiter*innen während der Feiertage erreiche? Ja ja, das ist ihm natürlich egal. Es ist ihm auch egal, dass er mich bereits im Laufe des Dezembers nach Erhalt der analogen Anträge hätte informieren können, da er mich ja dankenswerterweise am 30.12. über die neue Regelung informiert. Nach mehrmaligem Dank meinerseits beende ich frustriert das Gespräch. Ich übermittle das neue Formular mit meinen Daten elektronisch, bekomme vom Botschaftsherrn wiederholt einen Anruf, in dem er mich aufmerksam macht, dass ich nicht Türkei oder Turkey schreiben darf, sondern auf Türkiye ausbessern muss. Ich befolge alles, sende noch ein Mutlu Yıllar und bekomme eine positive Rückmeldung. Nachdem ich eine Kollegin in Vorarlberg auf einer Almhütte ohne Internet erreiche und der Chef bis zum Ende der Feiertage keine Anrufe und Mails entgegen nimmt, gebe ich auf. Das türkische Schicksal hat wie so oft zugeschlagen und alles verändert. Das Planen verschiebe ich auf 2026.

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Mit Genugtuung lese ich eine Meme einer lieben Freundin: Das einzige, was ich dieses Silvester in die Luft jagen will, ist das Patriachat. 

In diesem Sinne wünsche ich allseits einen guten Rutsch in das neue Jahr – und wie bei Erdmöbel so schön besungen, lassen wir die Hoffnungsmaschine weiter laufen!

Erdmöbel, Hoffnungsmaschine (Live in Remchingen 2022)

 

Frau Krautundrübe

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