Es ist alles ziemlich obvious.

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Das Heimkommen ist dementsprechend spannend, war das Haus während des Urlaubs in der Obhut des Krautundrüben-Sohnes. Das Haus finden wir relativ passabel vor, Kakteen, Gemüse und Blumen gedeihen und die Katze schnurrt. Auch im Haus wird alles bis in die letzten Ecken beschnüffelt. Einzig zwei relativ frisch zerbrochene Hühnereier am Boden der Terrasse und ein mit Zahnbürsten befülltes Zahnputzglas irritieren mich. Ich beschließe sogleich, mir darüber keine Gedanken zu machen, vielleicht auch nur ein simpler Frischeierunfall und die Zahnbürsten deuten eindeutig auf ausreichend Zahnhygiene aus irgendeiner Ecke, was ja per se nicht schlecht ist.

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Die angenehmen Temperaturen setzen sich fort, auf Hitze hätte ich auch gar keine Lust. Jedenfalls scheint der Hochsommer schnell in einen relativ nassen Spätsommer überzugehen, gleichzeitig ist das Ferienende eingeläutet und der Arbeitsalltag stellt sich ein.

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Während ich mit meiner Motivation kämpfe, fahre ich einen gutgelaunten und redseligen Pubertier zur Schule und mich zur Arbeit. Vielleicht liegt mein Mumpfigsein auch daran, dass meine bevorzugte Frühstücksradio-Stimme, die mich morgens oft in gute Laune versetzte, das Handtuch geworfen hat,  stattdessen klärt mich der Pubertier über Charlie Kirk auf, von dem ich bis zu seinem tödlichen Attentat noch nichts gehört habe und nach all dem, was mir der Pubertier erzählt – er sah manche Reden Kirks auf TikTok – auch weiterhin nichts hören möchte. Wir stoppen allerdings unser Gespräch und lauschen staunend dem Nachrichtensprecher, der sagt, dass immer mehr Menschen eine Beziehung mit einer KI eingehen. Es wäre wohl an mir vorbei gegangen, wenn mir nicht unlängst Instagram einen Freundschaftsvorschlag einer KI Soul schickte, hinter der sich eine hübsche Blondine in Motor-Renngewand verbirgt. Alles wirkt echt, viele Tausend Follower*innen und viele Chats mit der KI-Seele, die man sich auch selbst nach eigenen Wünschen „zusammenbasteln“ kann. Der Nachrichtensprecher führt weiter aus, dass vor allem romantisch veranlagte Personen Beziehungen mit KI-Chatbots eingehen.

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Am Abend komme ich mit dem Krautundrüben-Sohn ins Reden und ich erzähle ihm von den KI-Seelchen und den einsamen, romantischen Menschen-Seelchen, die immer öfter eine Verbindung miteinander eingehen. Seine Reaktion ist ziemlich achselzuckend gleichgültig und er meint lakonisch, dass es stattdessen früher aufblasbare Sexpuppen gab. Ojemine! An den Sex- und Pornosektor hinsichtlich KI habe ich ja noch gar nicht gedacht. Demnach müsste ja die Zuhälterei im Aussterben sein, was ja sehr zu begrüßen wäre. Wir sehen einen Bericht zum Attentäter von Charlie Kirk, der von den Medien zuerst als linker Antifaschist bezeichnet wird, da auf einer der Patronen „Bella Ciao“ steht, was voreilig wegen dem italienischen Partisanenlied als antifaschistisch-kommunistisch eingeordnet wird. In Wirklichkeit wird hier aber eine vielschichtige Symbolik der Internetkultur eingebracht, der sich in diesem Fall die Rechtsrechten bedienen, was die herkömmlichen Medien etwas zu überfordern scheint.

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Die sich schnell verändernde und unser einfaches Schubladendenken in Frage stellende Internetkultur erfordert intensive zeitraubende Recherche, der ich mich nicht gerne stelle, weil es mir einfach zu groß wird. Ob die Gruppe aus Paris im Vorfeld wusste, wie groß ihr Flash Mob auf der Place de la Contrescarpe im Internet werden wird, bezweifle ich. Ich freue mich für die Musiker*innen, denen eine wie auch immer, schön inszenierte Aufführung zum 50-Jahre Jubiläum des Queen-Hits Bohamian Rhapsody gelungen ist. Bei genauem Hinsehen und Analyse der Aufnahme soll man auch erkennen, dass viele Sequenzen nachbearbeitet sind. Ist ja auch egal, echt ist es sicher nur für alle Live-Anwesenden gewesen, wir Abseits-Betrachter bekommen ein Stück Internetkultur serviert. Wissen wir doch längst. Alles easy, alles gut.

 

Frau Krautundrübe

 

 

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