Frauenruhetag

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Kurz nach meiner Rückkehr aus dem Süden finde ich mich im tagespolitischen Wahnsinn wieder. Der österreichische Nationalratspräsident verbietet die Genderzeichen – in diesem Fall werden Doppelpunkt und Schrägstrich genannt – und erlaubt nur mehr die Paarform oder die neutrale Form. Der Aufschrei der widersprechenden Parteien ist groß, während sich die entsprechende Partei freut. Ich wundere mich, dass der Nationalratspräsident, obwohl nach dem Bundepräsidenten immerhin zweitmächtigster Mann im Staat und natürlich von der entsprechenden Partei für dieses Amt vorgeschlagen, eigenmächtig derartige Änderungen vornehmen kann. Ich wundere mich auch deshalb, da gerade das österreichische Amtsdeutsch zu gediegenen Versprachlichungen tendiert, wo es auf das eine oder andere Sternchen, Doppelpunkt oder Schrägstrich auch nicht mehr ankommen kann. Außerdem bin ich verwundert, weshalb die Sternchen und Doppelpunkte derartig polarisieren und vor allem emotionalisieren. Ich will einfach nicht glauben, dass es hier noch immer um das rückständige Denken in patriachalen Strukturen geht und will rufen: „Vergesst es Männer, die Frauen haben schon längst übernommen.“

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Schön wärs! Da lese ich heute in der sonntäglichen Lieblingskolumne meiner Morgenzeitung, dass die Isländerinnen vor 50 Jahren, genau am 24. Oktober 1975, die Arbeit niederlegten. Die ungefähr 20.000 Frauen versammelten sich zu Demonstrationen und kümmerten sich einen Tag lang nicht um Arbeit, Kinder, Familie und Haushalt, was sonst als selbstverständlich erachtet wurde. Sie forderten Gleichberechtigung, eine faire und gleichwertige Bezahlung ihrer Arbeit und bessere Kinderbetreuung. Sie wollten aufzeigen, wie sehr das Land von Frauen und ihrer Arbeit abhängig ist. Um diesem Streik einen positiven Touch zu geben, nannten sie ihn Kvennafrídagurinn, was soviel wie ‚Frauenruhetag‘ bedeutet. Die Bewegung erreichte viel – im darauffolgenden Jahr war bereits ein Gleichberechtigungsgesetz beschlossen, und ein paar Jahre später die erste Präsidentin im Amt. Heute, nach 50 Jahren, ist Island das Land, dass die Geschlechtergleichheit zu 90 % erreicht hat.

Österreich liegt im Global Gender Gap Report 2025 auf Platz 56 (von 148 Staaten weltweit) hinter Tansania, Belarus und Mozambique. Seit 16 Jahren hält Island die Spitze, dahinter liegen Finland, Norwegen, Dänemark, Schweden und auch Deutschland. Am Freitag wurde in Wien zum Gedenken an die vor 50 Jahren stattfindende Aktion in Island zu einer kleinen Versammlung unter dem Motto ‚Wir tun nix‘ aufgerufen, wo der Wiener Ring vor dem Parlament blockiert werden sollte. Es kamen immerhin ein paar hundert Frauen, die gemütlich und friedlich den Sprecherinnen auf ihren ausgebreiteten Picknickdecken lauschten. Breitenwirkung sieht wohl anders aus!

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Ich bevorzuge im Gesprochenen auf alle Fälle die Paarform oder auch Beidnennung, liebe Leserinnen und Leser, und ich vermeide den Glottisschlag oder Knacklaut, auch die kurze Sprechpause, um das -innen anzuhängen, weil keine Frau ein Anhängsel ist.

 

Frau Krautundrübe

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