Gott, Göttin, Gotterl, Gott* oder Gott+

Veröffentlicht am Keine Kommentare zu Gott, Göttin, Gotterl, Gott* oder Gott+

Irgendwie hat mich das Frauenthema über die letzte Woche hinweg noch begleitet. Ich bin in Schrift und Sprache, also eher noch in der Sprache, keine begeisterte Genderin, wohl . Nachdem ich an der Universität im Rahmen meiner Vorlesungen auf eine gendergerechte Sprache hin evaluiert werde, eignete ich mir schon seit mehreren Jahren ein „Liebe Studentinnen und Studenten“ oder öfter ein „Liebe Studierende“ an. Mit dem Binnen-I konnte ich mich nie anfreunden, mit dem : und dem _ auch nicht, die sprachliche Pause vor dem Innen finde ich unmöglich, weil es einfach den Sprachfluss stört und komplett unnatürlich wirkt. Mit dem *innen-Sternchen versuchte ich mich anzufreunden, mach es aber nicht gerne. Am wohlsten fühle ich mich beim Ausschreiben, liebe Leserinnen und Leser, und dabei denke ich, dass es darum auch geht, wenn sich alle angesprochen fühlen wollen. Was tun wir jetzt aber mit „Diversen„, die bei den eindeutig genannten männlichen oder weiblichen Lesern sich nicht angesprochen fühlen müssen. Ja, liebe Leserschaft, es ist in der Tat nicht einfach, allen gerecht zu werden.

Und es ist ja offensichtlich: Partizipbildungen, Binnen-I, Sterne und Unterstriche sind und bleiben der Sprache so völlig äußerlich, dass jeder, dem ihr Klang etwas bedeutet, in ihnen nichts anderes sehen kann als Akte der Barbarei.(Thomas Hettche)

In den „all gender welcome“ Toilletten der Universität Graz sind alle Personen willkommen

++++

Wie tun bei Gott? Darüber machte sich die Katholische junge Gemeinde Deutschlands Gedanken:

Immer mehr Gläubige seien von einem männlich-patriarchalen weißen Gottesbild befremdet, meint die KjG. Deshalb diskutiert der Jugendverband darüber, ob sie künftig „Gott*“ mit Genderstern schreiben wollen – ein anderer Verband ist schon weiter.

Für Gott mit Stern entschied sich vor einem Jahr die Katholisch Studierende Jugend. Das war der Katholischen jungen Gemeinde Deutschlands zuwenig, die sich für ein Gott+ stark machte. Dabei soll es um eine Ende der Vorstellungen von Gott als ein alter, weißer Mann mit langem Bart gehen. Aber es soll selbstverständlich auch um gendergerechte Sprache gehen, um die geschlechtliche Vielfalt und um die vielfältigen Gottesbilder, die die jungen Menschen durch das + dargestellt haben wollen.

Wird stets die Hand Gottes in der sixtinischen Kapelle in Rom bleiben

++++

Unterschiedliche Positionen zur gendergerechten Sprache in der Literatur gab es in einer schon älteren Online-Ausgabe von Zeit-Online aus dem Jahr 2018. Zeitgenössische Autorinnen und Autoren wurden nach ihrer Genderbereitschaft gefragt (in Auszügen):

Eva Menasse

Ich werde niemals gender-„gerecht“, niemals nach der neuen Rechtschreibung, nicht nach dem Duden oder dem Österreichischen Wörterbuch schreiben, ich werde immer ungerecht, subjektiv, stur und nach meiner eigenen Façon schreiben. Sexisten und Rassisten dürfen weiterhin in meinen Texten auftreten, sonst wäre das literarische Abbild der Welt ja geschönt. Falls das eines Tages nicht mehr möglich sein sollte, werde ich gar nicht mehr schreiben. Dann werde ich mich bei Wasserin und Brotin in ein mannshohes, frauenrundes Gender-I aus Plexiglas einsperren lassen und mich dem Spott der Massinnen und Massen anheimgeben.

—–

Sasha Marianna Salzmann

Alle Varianten der sogenannten geschlechtergerechten Sprache interessieren mich. Sprache war schon immer fluide: Je durchlässiger sie für ihre Zeit ist, desto präziser kann sie sein. Die Herausforderung zur Präzision hält mich wach. Allen, die keinen Bock auf Wachbleiben haben und lieber nachplappern, wie es schon immer gesagt wurde, kann ich nur empfehlen, sich im Museum für deutsche Leitkultur einbalsamieren zu lassen. Veränderungen sind keine Option, sie finden statt.

—–

Clemens J. Setz
Ich glaube, ich nutze in meinen Büchern eher Partizipbildungen, weil die im Deutschen meist recht gut verwendbar sind. Aber nicht konsequent oder durchdacht, es erinnert mich auch niemand daran, bis auf seltene, ausgewählte Situationen. Manchmal sind Partizipien auch etwas knödelig, dann tendiere ich dazu, ein „und“ zu verwenden. Wenn man zum Beispiel Menschen beschreiben möchte, die im Inneren einer Nase wohnen, würde ich vermutlich „Nasenbewohner und Nasenbewohnerinnen“ schreiben. Das scheint mir vernünftig. Wenn meine Aufmerksamkeit fehlt oder die Konzentration, dann verwende ich mitunter sogar Sätze wie „Meine Mutter ist Arzt“. Man sollte sich in solchen Belangen immer fragen: What would Ursula Le Guin do? Die würde sich nicht damit begnügen, bloß genderneutral zu schreiben, sondern darüber hinaus in ihren Sätzen alle möglichen Dinge explodieren lassen, die als mürrisches, starres Kulturgut um uns herumliegen.

 

Bei dem Diskurs um die gendergerechte Sprache geht es im weitesten Sinn um Vormachtstellungen: Das dritte Geschlecht ist in Österreich seit 15. Juni 2018 anerkannt, Frauenthemen werden bereits mainstreamartig ausgeschlachtet,  – auf dem Gebiet der Sprache wird man diese Entwicklungen, die den jungen Menschen sehr am Herzen liegen, nicht mehr weiter ignorieren können.

Sprache spiegelt wider, wie wir uns gegenseitig respektieren wollen, wie wir zueinander stehen wollen und wer wir sein wollen.

 

Frau Krautundrübe

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert