Schokolade in kugeliger, eckiger und flüssiger Form

Veröffentlicht am Keine Kommentare zu Schokolade in kugeliger, eckiger und flüssiger Form

Der Beginn der Fastenzeit ist schon beinahe Frühlingsbeginn. Zumindest ist alles auf Wiederaufstehen und Erneuern ausgerichtet. Meine Katzen verbringen die Tage wieder im Freien, den Vögeln lauschend und die Vögel jagend. Eine ferienschwere Woche steht mit dem Semesterende der Schulen an, die dicken Pullis bleiben im Schrank und die ersten Mützen, die in dieser Saison keine Chance haben, getragen zu werden, werden eingesommert. Es häufen sich, wie immer zu dieser Zeit, Tipps zum Fasten, wobei das Fasten mit Verzicht gleichgesetzt wird, angepasst an das Heute ergibt das interessante Neukreationen wie „Zu Fuß durch die Fastenzeit“, indem man möglichst viele Wege zu Fuß bestreitet, oder  „Stressfasten“, was eine streng reduzierte Bildschirmzeit meint. Mir soll es recht sein, ich halte mich lieber an das traditionelle Fasten und kündige für die ferienschwere Zeit eine Fastensuppen-Woche an. Begonnen wird heute bereits mit einem Polenta-Tag, der durch mehrerlei Süßigkeiten durchkreuzt wird. Ich kann prinzipiell Süßigkeiten gut widerstehen, habe allerdings über den Winter Schokolade in kugeliger, eckiger und flüssiger Form über mein ursprüngliches 5-Jahres-Maß hinaus konsumiert. Wenn ich frühmorgens in meiner Tageszeitung lese, dass Fertigprodukte (und da sind auch Süßigkeiten gemeint) im Gehirn wie Drogen wirken, weil der Belohnungsabschnitt im Gehirn aktiviert wird, der fürs Glücklichsein zuständig ist, zweifle ich noch, ob das wirklich auf jeden so zutreffen kann.

++++

Jedenfalls können der Pubertier und ich am Morgen noch trödeln, weil der Pubertier diese Woche vor den Semesterferien eine Sozialwoche in einer sozialen Institution verbringen muss. Sein Sozialdienst startet erst um halb 9 Uhr morgens, sodass ich später als üblich in mein Büro komme. Nachdem ich den Pubertier bei der Straßenbahnhaltestelle absetze, fahre ich in mein Büro und kaufe mir am Jausenstandl noch einen Apfel. Der Jausenstandler, an dem ich seit vielen Jahren jeden Morgen mit gegenseitigem, freundlichem Grüßen vorbeieile, möchte mich noch von einem von der Bäckerei frisch gelieferten Rosinenweckerl überzeugen, was ich dankend ablehne, da ich streng zu mir sein möchte, wie ich dem Jausenstandler auch ein wenig stolz mitteile. Im Laufe des Vormittags koche ich mir eine Kanne Kräutertee, kaue mehrere Pfefferminzkaugummis und esse schließlich um halb 12 Uhr mittags meinen Apfel, der wohl in Folge der vorangegangenen kalten Wintertage zu viel Frost abbekommen hat und innen braun ist. Ich kaue gegen das aufkommende Verlangen nach Süßem noch einen Kaugummi, versichere mich, dass in den Schreibtischladen tatsächlich keine Schoki, Gummibärli oder gar Pocket Coffee versteckt sind. Vergeblich ist meine Suche, aber ich erinnere mich, dass in der neu eingerichteten Gemeinschaftsküche kürzlich eine Packung mit schmalen Schokoplättchen gleich neben der Kaffeemaschine lag. Ich gehe in die Gemeinschaftsküche, aber ich finde keine Schokolade. Auch in den Läden und dem Kühlschrank kann ich nichts Süßes finden. Auf die Tüte mit den einladend tiefroten Gummitieren falle ich nicht mehr herein. Die sehen zwar verlockend aus, sind aber mit Pfeffer gefüllt, ungenießbar und mein Belohnungszentrum fühlt sich davon gar nicht angesprochen, im Gegenteil es macht mich unglücklich.

++++

Nachdem ich Süßigkeitenverlustig die Gemeinschaftsküche verlasse, erinnere ich mich daran, dass ich unlängst am Tisch meiner Kollegin einen grünen Mini-Schokoriegel erspähte. Sie hat bereits am Vortag ihre Abwesenheit für den heutigen Tag angekündigt und so hole ich meinen Schlüssel und sperre ihr Büro auf. Jedenfalls sehe ich sofort auf ihrem Tisch, der gut belegt ist mit Stapeln von Büchern und viel Papierkram, dass der Miniriegel nicht mehr da ist, also wohl aufgegessen wurde. Ich schaue nochmals vorsichtig nach, ob sich der Riegel vielleicht unter einem Papierstapel versteckt, aber da ist nichts mehr, sodass ich das Büro der Kollegin wieder verlassen möchte, als ich sehe, dass aus der untersten Schreibtischlade ein Teil einer grünen Plastiktüte hervorlugt. Ich assoziiere das Gün sofort mit dem Miniriegel-Grün und öffne die unterste Schreibtischlade der Kollegin, wo sich mir ein Riesenkonvolut an Süßigkeiten offenbart. Ich nehme mir schnell einen Miniriegel, schließe die Lade und verlasse das Büro. Ich sehe, dass ich einen Mini-Schokoriegel gefüllt mit Nougat erwischt habe. Ich werfe die Plastikhülle wegen der auffallenden grünen Farbe bewusst nicht in den Papierkorb, sondern stecke den Müll in meine Tasche. Jeden kleinen Bissen des Miniriegels lasse ich im Mund langsam zergehen. Glücksgefühle und Nervenkitzel sind für heute gestillt.

++++

Bei der Heimfahrt gehe ich noch einkaufen und sehe die Tüte mit 15 Miniriegeln in der Süßigkeitenabteilung. Ich widerstehe, kaufe aber einen Nougat-Schokoriegel in Originalgröße, den ich der Kollegin auf den Schreibtisch legen werde und einen Sack mit Äpfeln.

++++

Wieder einmal Musik, die ich mag: Jesper Munk, Morning Coffee

 

Frau Krautundrübe

 

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert