Es ist wieder der 5. des Monats und die Tagebuchblogger*innen finden sich bei Frau Brüllen ein, die fragt #WMDEDGT, oder „Was machst du eigentlich den ganzen Tag?“
Ich wache kurz vor 6 Uhr morgens aufgrund des erhöhten Virenaufkommens im Krautundrüben-Haus nicht in meinem Bett, sondern im Zimmer eines der jung-erwachsenen Krautundrübenkinder – oder mittlerweile auch Gästezimmer und meistens Wäschekammer – auf. Ich habe mich zwar an die harte Matratze gewöhnt, schlafe aber unruhig und werde sehr oft während der Nacht wach, was meinem Punktefortschritt bei Duolingo durchaus zugute kommt. Nach dem Anmachen des Lichts in der Küche höre ich motiviertes Kratzen an der Terrassentür. Das Katzentier, das den Winter gerne und gut im Haus verbringt und bis Frühlingsbeginn gerade zu einer Hausumrundung zu bewegen ist, kann ihren Freiern nicht widerstehen und verbringt die Nacht bei Minusgraden draußen. Ich öffne sofort die Türe. Mit einem vorwurfsvollen „Jetzt aber schnell“-Blick fordert sie ihr Essen ein. Ich erfülle umgehend. Es ist jedenfalls noch dunkel, als ich den Kaffee in der Küche zubereite. Das Dunkel der Wälder hebt sich scharf vom Himmel ab, der zunehmend orange-blau wird. Ein weiterer kalter Morgen mit tagsüber angenehmen Temperaturen bei strahlend blauem Himmel kündigt sich an.
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Ich wecke den Pubertier. Wir müssen beide pünktlich sein, da er Italienisch-Prüfung hat und ich die Semesterabschlussprüfung meiner Vorlesung. Während die Studis eifrig denken und schreiben, setze ich mein Dateien-Such-Projekt fort. Es fehlt mir eine wichtige Datei aus dem Jahr 2012, für die ich damals noch nicht verantwortlich war und für die es keine offizielle Zuständige gab. Ich habe bereits am Vortag mit dem vermeintlich Zuständigen kommuniziert, der mich auf eine alte Laptop-Spur bringt, der allerdings schon ausgeschieden ist. Ich finde auf der Uni-Netzwerkadresse, die für das damalige Projekt freigegeben wurde, noch alte .bak und .dwg Dateien, was mich hoffen lässt. Ich ringe mich durch, einer ehemaligen Mitarbeiterin wegen der Datei zu schreiben. Gelegenheit zum Schwindeln hat es für die Studis ob meiner Unaufmerksamkeit diesmal jedenfalls zuhauf gegeben.
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Mittags bin ich mit einer lieben jungen Kollegin verabredet, die mir verzweifelt und sehr enttäuscht ihr Unglück berichtet. Einer ihrer wissenschaftlichen Beiträge wurde von einem Peer Reviewer (vermutlich ein Mann) vernichtend bewertet. Ich lese mir die Bewertung durch, bin entsetzt über so viel Abwertung und frage mich, was einen – wahrscheinlich renommierten – Wissenschaftler bewegt, anonym eine derartig abschätzige Beurteilung gegenüber einer jungen Kollegin abzugeben.
![](https://xn--krautundrbenblog-rzb.com/wp-content/uploads/2025/02/20250205_1157241-300x146.jpg)
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In meinem Büro widme ich mich wieder der Suche dieser bestimmten Datei aus dem Jahr 2012. Es folgen Anrufe eines unglücklichen Krautundrüben-Sohnes, einer organisierten Krautundrüben-Tochter, die mir ihr Kommen für die nächsten Tage ankündigt und eines Herrn Krautundrübe, der mir den Speiseplan für das Abendessen bekannt gibt. Ich packe die Prüfungsbögen in meine Tasche und begebe mich am späteren Nachmittag auf den Nachhauseweg.
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Auf dem Programm steht schließlich noch der Optiker im Einkaufszentrum. Ich sehe nochmals die Brillenfassungen in der Filiale der Kette für Brillen mit günstigen Angeboten durch, entscheide mich aber diesmal aufgrund der seit mehreren Jahren stabilen Sehstärke – oder besser Sehschwäche – für den Fachoptiker. Ich probiere bereits in den Tagen zuvor einige Brillenfassungen und es gibt dementsprechende Favoriten, die ich abends zu Hause online recherchiere. Bemerkenswert ist hierbei, dass die Brillenfassung beim selben Optiker im Rahmen eines Online-Kaufs um 100 € billiger sind als im Geschäft. Ich gehe diesem Umstand im Geschäft nicht näher nach, lasse die Erklärungen der Angestellten über mich ergehen, entscheide mich für ein mittelteures Glas, lasse die Gesichtsvermessungen über mich ergehen. Es ist mittlerweile dunkel geworden und nach gut eineinhalb Stunden verlasse ich das Geschäft. Während der gesamten Heimfahrt beschäftigen mich der Preis der Brille im guten vierstelligen Eurobereich und die Zweifel, ob mir die Brille auch tatsächlich gefallen wird.
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Als ich zu Hause ankomme ist bereits fortgeschrittener Abend angebrochen. Der rekonvaleszente Herr Krautundrübe bereitet ein ausgezeichnetes Abendessen, als mich kurz danach der Anruf der lange nicht gesprochenen, aber sehr vermissten Kollegin erreicht. Sie erlöst mich schließlich von meiner Dateiensuche, indem sie die gesuchte Datei aus dem Jahr 2012 auf einer ihrer alten Festplatten gespeichert hat. Nach einem ausführlichen Austausch und gegenseitigem Berichtabgleich versichern wir uns, nun wieder Kontakt zu halten. Darüber freue ich mich sehr. Dem anschließenden Reisebegehren des Pubertiers nach Italien winke ich vorerst erfolgreich ab. Ich gebe mich vollends dem Fernsehabend hin, wo mir der „Bergdoktor“ gerade bestens passt.
Frau Krautundrübe