# WMDEDGT 06/25

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Es ist wieder der 5. des Monats und die Tagebuchblogger*innen finden sich bei  Frau Brüllen ein, die fragt #WMDEDGT, oder „Was machst du eigentlich den ganzen Tag?“

Ich wache gegen 7 Uhr am Morgen durch das mir mittlerweile vertraute Kehren der Gärtnerin auf. Der prächtige Avocadobaum vor meinem Zimmer verliert täglich Blätter, die braun werden und absterben und der viel zu kleine Früchte abwirft. Es wird sich um einen Schädling in der Art einer Netzwanze handeln, wie sie auch in Mitteleuropa sehr verbreitet sind. Hier in Side an der türkischen Südküste kündigt sich ein weiterer warmer Tag über 30 Grad an. Es hängt hier aber trotz gewohnter Betriebsamkeit eine gewisse Feiertagsschwere in der Luft. Heute beginnen die Bayram Feiertage mit dem Bayram Arefesi, dem Ankommen, oder dem Vorabend zum Opferfest, dem Kurban Bayram. Früher und heute noch in ländlichen Regionen wird ein Tier geschlachtet und im Kreise der Familie gegrillt und gegessen Man trifft sich natürlich noch immer mit der Familie, immer öfter werden die Feiertage aber auch für Urlaubstage am Meer genützt.

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Fix ist, dass alle rund um mich in Festtagsstimmung sind. Nach dem Kehren des Hofes verlässt auch die Gärtnerin gegen 10 Uhr am Vormittag mit einer festen Umarmung und einem Iyi bayramlar das Camp, wo ich wohne und auch arbeite. Die meisten der Studierenden sind bereits gestern in alle möglichen Richtungen der Türkei ausgeschwirrt. Auch ich werde heute am Abend nach Antalya fahren, wo ich spätabends noch Herrn Krautundrübe und die Krautundrübentochter erwarte.

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Ich bereite meinen Koffer vor und sortiere meine Kleidung und meine Schuhe aus, die ich hier im Camp bis zu meinem nächsten Aufenthalt im Herbst in Kisten verstaue. Ich räume noch die letzten Sachen aus meinem Büro und bereite mir ein spätes türkisches Frühstück mit Cay, Tomaten, Oliven und Paprika. Dabei beobachte ich, dass die Blüten des ‚Bauernkaktus‘ bzw. Echinopsis oxygana über Nacht aufgegangen sind. Nur kurze Zeit später fallen sie wieder in sich zusammen. Ich mache mich noch auf den Weg auf einen Spaziergang durch das antike Städtchen. Alles ist festtagsmäßig herausgeputzt und die Tourist:innen wirken wie Statisten. Ich habe es leider diesmal versäumt das sogenannte Kreta-Haus zu besuchen, das heute geschlossen ist. Die ehemals römische und byzantinische Metropole Side wurde nämlich nach ihrem Niedergang im wahrscheinlich 13.-14. Jahrhundert erst wieder in den 1920-er Jahren neu besiedelt. Dies erfolgte im Rahmen eines Bevölkerungsaustausches, indem kretische Muslim:innen in dieser sumpfigen, malariaträchtigen Ruinenstadt angesiedelt wurden. Im sogenannten Kreta-Haus ist das anfangs harte Leben der kretischen Sidet:innen von Beginn an dokumentiert. Sie mussten sich Ackerland schaffen und begannen mit aus Kreta mitgebrachten Olivenbaum-Stecklingen eine Zucht. In den 1950er Jahren begannen großflächige archäologische Ausgrabungen der Ruinenstadt Side und die sidetische Bevölkerung wurde teilweise mit einbezogen, indem sie als Arbeitskräfte den Archäolog:innen halfen. Die Stunde der sidetischen Kreter:innen schlug aber mit dem Aufkommen des Tourismus in den 1970er Jahren. Heute gehören die ehemalig Angesiedelten zu den reichsten Familien hier in Side, die ausschließlich vom Tourismus in Form von Grundstücksbesitz oder Hotellerie profitieren.

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Mein Spaziergang führt mich schließlich vorbei an vielen Geschäften und Bars ans Meer. ich setze mich ins sogenannte Belediye-Cafe am Hafen, ein Cafe, das von der Gemeinde Manavgat geführt ist. Dort bekomme ich mein Cola um ein Drittel des Preises gegenüber den umliegenden Bars und Restaurants, abgesehen vom türkischen Flair, das man dort gratis bekommt. Ich schreibe dem Pubertier nach Hause eine Nachricht, gebe ihm Anweisungen für sein Alleinsein während der nächsten Tage. Als die Antworten gar zu schleppend kommen, rufe ich ihn an und merke, wie sehr er mir fehlt.

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Ich spaziere noch die Mole entlang, wo sich das weite Meer vor mir öffnet. Der Wind ist angenehm kühl. Ich blicke in Richtung Süden, es kreuzen hier keine Schiffe und auch keine Boote, aber ich weiß, dass gerade in Richtung Süden das ägyptische Alexandria liegt. Die Musik ist leise und wird vom Wellenschlag des Meeres übertönt. Ich lausche, fühle eine glückliche Ruhe in mir und weiß, dass mich dieser Moment über die nächsten, wieder sehr stressigen Wochen bringen wird.

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Der Koffer steht bereit und ich warte auf meine türkische Kollegin, die mich mit nach Antalya nimmt. Wir werden direkt in den Sonnenuntergang fahren, viel im Stau stehen und schließlich werde ich auf die Ankunft von Herrn Krautundrübe und der Krautundrüben-Tochter warten.

 

Hier mein Tag in Bildern:

Sieht eigentlich nicht krank aus, der Avocadobaum
Blühende Echinopsis oxygana
Römisches Theater in Side, Zugang derzeit wegen Restaurierung nicht möglich
Neue Ausgrabungen an der Säulenstraße: Antike Läden in der „Laden“-Stadt Side
Bougainvilleen scheinen hier das ganze Jahr über zu blühen
Und noch mehr davon…
Altes und Neues
Auf nach Alexandria?

 

Frau Krautundrübe

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