Es ist sehr schön, wenn das neue Jahr ruhig beginnt. Ich nehme mein Ohrgeräusch heute sehr intensiv wahr. Das liegt sicher daran, dass es ungewöhnlich still um mich ist – nach den turbulenten und lauten Feiertagen. Die Krautundrüben-Kinder sind mehr oder weniger in den Winterurlaub abgereist, während vom kranken Pubertier ein leises Husten vom oberen Stockwerk zu hören ist. Ich bin froh, dass das alte Jahr vorbei ist, wobei es rückblickend ein schönes Jahr war, das ich zufrieden hinter mir lasse.
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Zu einem Jahresrückblick kann ich mich allerdings nicht aufraffen. Ich denke, es ist auch ziemlich einerlei. Außerdem vermesse und verliste ich mein Leben nicht gerne. Im Gegenteil, ich finde es besorgniserregend, dass viele Menschen ihre Schritte im Alltag zählen und jeden Kilometer in Bewegung dokumentieren wollen. Obwohl es durchaus interessant wäre, dem Kalorienverbrauch während der Festtage aller Personen im Krautundrübenhaus nachzugehen. Aber, was bringt es? Ich freue mich zum Jahreswechsel, den mit Köstlichkeiten angefüllten, dicken Bauch, angefuttert nach einigen sitzenden Tagen in geselliger Runde, im neuen Jahr los zu werden. Deshalb war ich bereits ausgiebig Wandern und im Gym. Eigentlich habe ich im Mailausgang „Entwürfe“ bereits die Kündigung meiner Mitgliedschaft im Gym vorbereitet, was ich vorerst verwerfe, da ich mir noch eine Chance gebe. Ich habe keine Neujahrsvorsätze, da ich auch an meinem derzeitigen Leben nichts ändern möchte, das heißt, ich will zu keiner besseren Version von mir selbst werden, mich aber durchaus optimieren.
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Gerade noch mit dem Selbstoptimierungsgedanken beschäftigt, starte ich meinen 80. Day streak bei Duolingo für Türkisch, das ich aber nach zwei Units und dem schnellen Verlust von 5 Herzen nicht wegen Unkonzentriertheit, was durchaus vorkommt, sondern wegen Unvermögen wieder verlasse. Beim anschließenden Checken der Nachrichten auf Instagram stoße ich auf eine Anzeige von @blinkist: Früh Aufstehen: So verändert sich der Tag, wenn man um 5 Uhr beginnt. Als begnadete Frühaufsteherin macht mich das Posting neugierig und ich lese weiter, dass es dabei um das Buch von Robin Sharma, Der 5-Uhr-Club. Gestalte deinen Morgen und alles wird möglich (aus dem Jahr 2019) geht. Ich recherchiere ein wenig im Netz. Geworben wird damit, dass man kreativer, erfolgreicher und produktiver wird, wenn man täglich um 5 Uhr aufsteht. Wie es geht erfährt man schließlich durch die fiktive Geschichte zweier Personen unterlegt mit neurowissenschaftlichen Fakten, die auf der Suche nach dem Sinn des Lebens einen Milliardär treffen (- der wahrscheinlich täglich um 5 Uhr morgens aufsteht?), der ihr Leben verändert. Praktisch gesehen wird eine strukturierte Morgenroutine empfohlen, die direkt nach dem Aufstehen mit 20 Minuten Sport startet ( wegen dem Dopamin). Es folgen 20 Minuten Reflexion in Form von Meditieren oder Tagebuch schreiben, um im Anschluss 20 Minuten ein Buch zu lesen oder einen Podcast zu hören, der für den Tag was bringt.
Ich bleibe bei meiner bewährten Morgenroutine und werde weiterhin die morgendliche Stille, die Morgendämmerung und meine Tasse Kaffee genießen, oft in unterschiedlicher Reihenfolge und ganz ohne Struktur.
Frau Krautundrübe