Es liegt an uns.

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Der Alltag zu Hause stellt sich noch nicht ein. Es ist Sommer und es sind diese Tage, die nicht aufhören sollen, da ich auf  genau diese Tage das ganze Jahr über warte. Der Himmel ist blau, die Hitze hat noch eine gewisse Mitt-Juni-Frische mit angenehmen kühlen Nächten, das Grün ist noch jung. Ich bin – wie so oft nach meiner Rückkehr aus der Türkei – mit Hausarbeit beschäftigt. Diesmal kommt noch der vorübergehende Einzug des Krautundrüben-Sohnes hinzu, der vor allem die Waschmaschine fordert. Ich staune über die Vielzahl und Vielfalt von Unterhosen. Ich staune aber noch mehr über die Vielzahl an Socken, unterschiedliche Längen und vor allem verschiedene Marken, die in noch nie gesehenen Schriftzügen hauptsächlich in Schwarz und Weiß im Beinteil der Socke angebracht sind und so auch den jeweiligen Partnersocken leicht zuordenbar machen könnten.

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Ich frage nicht, wie es zu dieser Vielzahl an Unterhosen und Socken gekommen ist. Das wird wohl das WG-Leben des Krautundrüben-Sohnes mit sich gebracht haben. Ich selbst führe in einem meiner Küchenschränke einen Stapel an Desserttellern, die nicht zuordenbar sind. Auch finden sich in der Bestecklade immer wieder Einzelgänger an Gabeln, Löffel oder Messer. Jegliche Feiern und Feste, wo Essen mitgebracht wurde, hinterließen Spuren in meinen Küchenschränken. Ich zelebriere die Gegenstände, indem ich überlege, welcher Person und Gelegenheit ich was zuordnen soll. Die praktischen Utensilien wie Kuchenschaufel, Kuchenteller oder Brotmesser finden dabei durchaus ihren Weg ins aktive Küchenleben. Schwieriger wird es mit den Hand- und Badetüchern, die mittlerweile auch einen stolzen Zuwachs durch einen regen Austausch aufweisen und deren Turm in einer Ecke des Schrankes bedenklich anwächst, hingegen fehlen meine zum Bad farblich abgestimmten Frottiertücher zunehmend, was wohl den sportlichen Aktivitäten und der Badelust des Pubertieres geschuldet ist. Im Großen und Ganzen beobachte ich jegliche Zuwächse mit Spannung.

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Tatsächlich ist mir gerade nicht nach lustigen Familienbegebenheiten, Sockenchaos hin oder her, in Anbetracht der Tragödie, die vorige Woche meiner Stadt Graz den Atem nahm. Ein junger Bursche verschaffte sich mit zwei Schusswaffen Zugang zu seiner ehemaligen Schule, dem BORG Dreierschützengasse, und verursachte ein Massaker, indem er 10 Personen, darunter Schülerinnen und Schüler sowie eine Lehrperson erschoss. Der junge Mann soll ein Mobbingopfer gewesen sein, das war zumindest die erste Meldung. Nach und nach folgten mehr Details zum Täter, dass er sich die Waffen legal besorgte, dass er keinen Bezug zu seinen Opfern hatte, sie nicht einmal kannte, dass er in einem Schießverein übte, dass er ein Gamer war und eher zurück gezogen mit seiner Mutter lebte und dass das Grauen sieben viel zu lange Minuten dauerte, bis sich der Täter selbst richtete. Nach und nach tauchten Fotos in diversen Medien auf, vor allem in den Sozialen Medien, die einen schmächtigen jungen Kerl zeigen. Er blickt nicht in die Kamera, weshalb seine Augen, sein Blick keine Antwort geben können, weshalb er diese unschuldigen jungen Menschen und die Lehrerin tötete. Wir werden nie erfahren, was den Täter veranlasste, was hier schief gelaufen ist. In jedem Fall ist die Diskussion um den einfachen Zugang zu Waffen für Privatpersonen berechtigt. Das wäre zumindest einfach und ein Anfang, alles andere liegt an uns allen.

 

Frau Krautundrübe

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