Jännerblues II

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Ich verlasse nach wie vor das Haus in der Dunkelheit und kehre in der Dunkelheit wieder zurück nach Hause. Die Zeit dazwischen ist gefüllt mit viel Arbeit, wobei die Teamarbeit sehr produktiv und kurzweilig ist, die Projektarbeit mich aber  zwischendurch zur Verzweiflung bringt. Das intensive Arbeiten hilft gut, die grauen Tage zu ignorieren. Die Tage sind grau.

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Was spricht demnach dagegen, um den Jännerblues vor dem Wochenende erst gar nicht aufkommen zu lassen, die Bücher zuzuschlagen, den PC herunter zu fahren und dem Leben ein bisschen Farbe zu verleihen, frei nach dem Motto „Wohnst du noch, oder lebst du schon?“. Ich schwinge mich in mein Auto und mache mich auf den Weg in Richtung unmögliches Möbelhaus an der Stadtgrenze. Ich bin noch zeitig vor der Verkehrslawine unterwegs, überlege noch kurz, ob ich den Weg durch die Stadt nehmen soll, als ich schon in Richtung Stadtpark abbiege. Ich durchquere die Innenstadt und als ich über die Brücke fahre und das Multikulti-Stadtviertel erreiche, musste ich bereits mehrmals Spurwechseln. Dieses Manövrieren ging bis zur Triesterstraße weiter. (Ein Zeichen, dass die Innenstadt nicht für den Durchzugsverkehr vorgesehen ist.) Von dort weg geht es einigermaßen flüssig zum unmöglichen Möbelhaus. Der Parkplatz wird zwischen Eingang und Ausgang gewählt, um ja die optimale Reichweite beim Eintreten und Austreten zu Fuß zu erzielen. Ich betrete das Haus und fahre mit der Rolltreppe zu den Wohnlandschaften. Davor schnappe ich mir noch einen gelben Sack. Ich schlendere durch die Ausstellung, links und rechts von mir Wohnzimmerchen und Kombinationen von Wohn- und Essräumen. Ich denke mir, dass man sich auch im unmöglichen Möbelhaus nicht viel Neues einfallen lässt, d. h. die Überraschungsmomente beim Betrachten der Wohnlandschaften sind mäßig. Meine Besuche im unmöglichen Möbelhaus beschränken sich mittlerweile auf ca. zweimal pro Jahr. Das war einmal anders. Als die Krautundrüben-Kinder noch klein waren, stand der Möbelhaus-Besuch sogar sehr oft auf dem Programm, konnte man dort in vielen Spielecken sehr viel Zeit verbringen. Der Höhepunkt waren die Fleischbällchen mit der guten Sauce und den Preiselbeeren sowie der rote Preiselbeersaft, von dem man sich soviel holen konnte, wie man will. Zum richtigen Feeling gehörten auch noch die bunten Becher und Tellerchen, die dann natürlich auch erworben wurden und unverwüstlich wie sie sind, vor wenigen Monaten in den Keller wanderten, wo nun mehrere Generationen von buntem Kinder-Plastikgeschirr gestapelt sind. Ich komme in den Kinderbereich, wo auch noch die vertrauten Aufbewahrungsmöbel mit neuer Plastikkistenfarbgebung ausgestellt sind. (Diese unverwüstbaren Kisten in Rot und Blau sind bei Krautundrübens bereits in den Keller gewandert, wo sie herumstehen und für allerhand herhalten müssen, aber keinen Preis für Praktisches verdienen.) Ich erinnere mich wieder, warum ich unter anderem hier bin, da ich nämlich neue Möbel für ein Zimmer brauche, das einmal ein Kinderzimmer gewesen ist. Ich kann allerdings nicht wirklich etwas finden, das mich überzeugt hätte. So gehe ich die Treppe in freudiger Erwartung hinab und lande mitten in der Geschirrabteilung. Oh ja, auf der rechten Seite sehe ich schon neue Modelle von Tischtüchern und anderer Tischwäsche, die mich anspricht und an denen ich mich bediene. Freudig erspähe ich verschiedene Ausführungen von Gewürzgläsern, eine Spaghettizange und ein Pizzarad (unseres ist schließlich schon angerostet). Gemäß Wohnst-du-noch-oder-lebst-du-schon wird ein neuer Polsterüberzug, ein Seifenspender und ausreichend Bettwäsche in den Einkaufswagen gepackt. Zum Schluss – an den Kerzen und Bilderrahmen gehe ich diesmal vorbei – lacht mich eine Riesen-Monstera an, die noch einen Korbuntertopf bekommt. Sehr zufrieden steuere ich den gut gefüllten Einkaufswagen in Richtung Lachs-Wrap und schließlich zum Auto. (An der Windschutzscheibe klemmt eine Karte eines Autohändlers mit Telefonnummer, was mir sagt, dass mein Auto bereits in die Jahre gekommen ist.)

Übrigens ein gemeiner Witz: Frau: „Passt der Schrank auch in mein Auto?“ Verkäufer: „Was fahren Sie denn für ein Auto?“ Frau: „Ein grünes!“ Verkäufer: „Nein, dann passt er nicht.“

Neue Farben, sonst alles beim Alten: I
Neue Farben, sonst alles beim Alten: II
Dafür würde ich keine Punkte mehr bekommen.

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Um die dunklen Abende an den Wochenenden besser zu bewältigen, bieten sich Veranstaltungen an. Pubertier Kind 3 geht zum Abschluss des Musikschwerpunktes zur Oper mit seiner Musiklehrerin und der Schulklasse in die Oper, um sich La Traviata anzusehen. Obwohl er sich ordentlich in Anzughose und schwarzem Rollkragenpulli auf die Oper vorbereitet, traue ich diesem Frieden nicht und ich erinnere ihn mehrmals (nämlich in weiser Voraussicht, dass er kein Opernfan werden wird), dass er sich in der Oper ja unauffällig und ruhig benehmen soll. Wir bringen das Pubertier zur Oper, wo auf dem Vorplatz schon ein paar schlaksige Gestalten ebenfalls sehr dunkel gekleidet warten. Ich habe bereits am Vormittag für Herrn Krautundrübe und mich Theaterkarten im Schauspielhaus gekauft. Es ist schon ziemlich ausverkauft und wir stellen uns auf schlechte Plätze im 3. Rang ein. Ich bin gespannt auf die Inszenierung des Molierschen „Menschenfeind“. Ich meine, mich an eine sehr traditionelle Inszenierung des „Menschenfeindes“ in eben demselben Schauspielhaus vor vielen Jahren zu Beginn meiner Studienzeit erinnern zu können. Molierère sollte kurzweilig inszeniert sein, alles andere geht daneben. Wir sitzen jedenfalls in der ersten Reihe leicht rechts im 3. Rang und sehen von sehr hoch hinab sehr gut. Was wir sehen ist eine die ganze Bühne einnehmende, überdimensionale weiße Luftmatratze mit aufgehenden Luftmatratzen-Wänden ebenfalls in Weiß gehalten, die eine Kombination aus Hüpfburg und Gummizelle darstellt. Die SchauspielerInnen wackeln, tanzen, springen und hüpfen auch wie in einer Hüpfburg. Die Texte sind die bekannten, die Figuren machen ihre Sache gut, vor allem Célimène brilliert in ihrer Lebendigkeit. Es ist kurzweilig und in jedem Fall ein gelungener Theaterabend! (Die Reaktion des Pubertieres auf die Oper La Traviata ist – wie zu erwarten – mit viel Kritik behaftet.)

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Der Menschenfeind“ von Molière im Schauspielhaus Graz mit einer tollen Inszenierung von Markus Bothe, Bühne von Kathrin Frosch und Kostümen von Anna Brandstätter. Sehr gelungen!

 

 

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