Der Mai ist da, aber es ist kalt und regnerisch und alle Draußenfeste fallen ins Wasser. In meiner Stadt sind viele Events angekündigt, wie man so schön sagt. Von den Galerientagen über das Designmonat und Pflanzenraritätenmärkten bis zum Lendwirbel soll alles im Mai untergebracht werden. Einiges fällt davon ins Wasser wegen anhaltendem Regen. Trotzdem habe ich in den letzten Tagen viel Live-Musik von vornehmlich Rockbands abbekommen, wobei ich nicht unbedingt ein Fan von Live-Konzerten bin, da mich bald die Ungeduld plagt, allerdings möchte ich das Engagement von Bands, die ihre Freizeit mit Proben und Konzerten verbringen, durchaus achten. Das heißt, sobald die Musik beginnt, überlege ich, wie lange das Konzert wohl dauern wird und mit wie vielen Musiknummern zu rechnen ist. Es sind meistens sehr viele Nummern, da die Musikstücke von Hobbybands meist sehr kurz sind. Das mag daran liegen, dass die Musikstücke zwischen den Gesangsstrophen kürzer ausfallen als bei Profimusikern, die besser auf ihren Musikinstrumenten improvisieren können, vermute ich zumindest.
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Die Rockbands von Herrn Krautundrübe gibt es länger, als es mich in seinem Leben gibt. Bereits als Spätjugendlicher wird Herr Krautundrübe Teil einer Rockband. Zwischenzeitlich spielt er bei zwei und mehr Bands, als Pubertierender musizierte er sogar in einer Big Band und auch in einer Tanzband, um der städtischen Blasmusikkapelle zu entkommen. Herr Krautundrübe hat durchaus musikalisches Talent und beherrscht einige Musikinstrumente sehr gut bis gut. Die wöchentlichen Probeabende richten sich nach der Anzahl der aktuellen Bands, wobei es zu bevorstehenden Tonträger-Aufnahmen durchaus intensiver werden kann. An die Musikliebe des Herrn Krautundrübe habe ich mich mittlerweile gut gewöhnt. Naht ein Konzerttermin, so ist es besonders spannend, wie viele Zuseher:innen zu erwarten sind. Sehr oft wird in kleinen Kellerbars gespielt, die schnell gut gefüllt sind, sonst werden Eltern, Schwiegereltern, Onkel und Tanten, Geschwister und Kinder rekrutiert – und natürlich auch Freund:innen, wobei auffällt, dass mit zunehmendem Alter mit hauptsächlich sehr guten Freund:innen zu rechnen ist. Die seltenen Konzerte mutieren zu erweiterten Familienfesten, was auch sehr schön ist.
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Letzten Donnerstag steht ein Konzert im Rahmen des Lendwirbels an. Der Lendwirbel beginnt traditionell mit dem sogenannten Schlagergarten Gloria, einem Musikfest, das Herr Krautundrübe und ich allerdings wegen zu lauter Musik und zu vielen Menschen mittlerweile auslassen, und setzt sich in der Art eines „Nachbarschaftsfestes“ oder „Grätzlfestes“ im Lendviertel von Graz über mehrere Tage fort. Es gibt den ganzen Tag ein buntes Programm für Kinder und Erwachsene, darunter ein sehr gut besuchtes Tanzkaraoke und Live-Konzerte von Bands sämtlicher Musikrichtungen.
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Die Band von Herrn Krautundrübe ist für Nachmittag an einer gut frequentierten Ecke des Stadtviertels angesetzt. Ich verlasse vorzeitig mein Büro, der Regen lässt nach und eine blaue Himmelslücke tut sich auf. Ich sehe die Bühne, rundherum sind kleine Sitzgärten von Lokalen, die bereits gut gefüllt sind. Ich suche mir ein sonniges Plätzchen, da sehe ich auch schon den Krautundrüben-Sohn, für den ich gerade noch einen Stuhl ergattere. Während der Krautundrüben-Sohn ein Chilli sin Carne isst und ich meine neue Sonnenbrille aus der Tasche krame, erzähle ich dem Krautundrüben-Sohn beiläufig, dass meine Ärztin nach Auswertung meines Blutes einen Vitamin-D Mangel festgestellt hat, was der Krautundrüben-Sohn – wie zu erwarten – aufgeregt zur Kenntnis nimmt. Während er sich nämlich zur Zeit mit Aminosäureketten beschäftigt, interessierte er sich davor hinreichend für das Vitamin D. Ich verwehrte mich bei einigen Gesprächen gegen Vitamin-D-Mangel als Volkskrankheit und argwöhnte wiederholt gegen die normierte wöchentliche Einnahme einer Vitamin D-Kapsel. Dabei war ich mir selbst bislang ein hervorragendes Beispiel für einen Nicht-Vitamin-D-Mangel, indem man das ganze Jahr über ausreichend Zeit im Freien verbringt, wo angeblich 20 Minuten täglich reichen sollten, um die Reserven aufzufüllen. Leicht im Nachteil lasse ich mir vom Krautundrüben-Sohn nochmals ausführlich die Verstoffwechslung von Vitamin D erklären. Bei den Aminosäuren winke ich schließlich ab, auch unterbrochen von lautem Klatschen und Rufen, die offenbar der Band von Herrn Krautundrübe gelten, die von einem stattlichen Grüppchen an Passant:innen ihren Schlussapplaus ernten. Erfreut über die Menschenmenge, die sich für die Musik begeistert, kehre ich in mein Büro zurück, um noch wichtige Vorbereitungen für meine anstehende Abreise zu treffen.
Frau Krautundrübe