Der Regen setzte wie prognostiziert pünktlich ein. Die ersten Regentropfen fühlten sich an wie eine Erleichterung, nachdem der Himmel schon einen Tag davor mit grauen Wolken bedeckt war, die stündlich schwerer wurden und zumindest auf mein Gemüt drückten, während die Welt um mich in Staub versank. Dabei war der einsetzende Regen ein Sprühregen, der die Vegetation sehr behutsam auf die nächsten stärkeren Regentage vorbereitete. Wir blieben von Schnee und Frost weitgehend verschont, wobei es kalt war, wie das zu dieser Jahreszeit auch noch oft vorkommen kann. Bei dem kalten Wetter zog man sich allerdings wieder gerne ins Haus zurück und viel konnte erledigt werden.
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Das „Viel-zu-erledigen“ betraf hauptsächlich Gegebenheiten, die mir keinen Spaß machten, weshalb ich auch sehr mürrisch war. Es häuften sich Umstände, bei denen ich jeweils vor der Entscheidung stand, ob es mich nun empören, entrüsten oder aufbringen soll, oder ob ich es schaffen würde, mich selbst zu begütigen, zu beruhigen und meinen Ärger zu mäßigen. Ich entschied mich letztlich, diesen mich so enervierenden Umständen nicht zu viel Bedeutung zu schenken. (In Wirklichkeit sitze ich heute auf einem Pulverfass – nach dem Motto: ein falsches Wort an mich gerichtet und – Explosion).
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Erhellend war die Ausstellungseröffnung der Fotoakademie, an der Herr Kind 2 eingeschrieben ist. Vielleicht wegen seines mathematischen und naturwissenschaftlichen Studiums stellt das Fotografieren einen angemessenen Ausgleich für ihn dar. Jedenfalls nahm er an der Ausstellung für seinen Jahrgang mit drei Fotos teil. Die Räumlichkeiten im Gebäude meines Lieblingskinos waren mir bereits bekannt. Ich bekam den Auftrag von Herrn Kind 2 etwas für das Buffet beizusteuern. Ich entschied mich für Spinat-Schafkäse-Blätterteig-Greek-Style-Ecken, die ich für den Transport in ein knallrotes Transportgefäß schichtete. (Das war das einzige Gefäß, auf das ich im Notfall verzichten konnte.) Nach lästiger Parkplatzsuche erschienen wir – Herr Karutundrübe sowie Pubertier Kind 3 – wie von Herrn Kind 2 angeordnet eine halbe Stunde früher bei der Ausstellung, um die Spinat-Schafkäse-Blätterteig-Greek-Style-Ecken in knallrotem Plastikbehälter rechtzeitig zu platzieren. In den Räumlichkeiten drängten sich bereits die Aussteller*innen und Angehörigen (- ich traf auch eine liebe Bekannte, deren Tochter – eine Physikstudentin auch auf Ausgleichsuche? – ebenfalls in den Lehrgang eingeschrieben war und von der ich eine kleinen Job einheimste, auf den ich mich wirklich ganz von Herzen freue.) Der Direktor der Fotoakademie hielt gerade noch eine Ansprache für die Teilnehmer*innen. Ich stand da mit meinem knallroten Plastikgefäß voll mit griechischen Köstlichkeiten und stellte fest, dass mir – der Geruchswolke zufolge – der Knoblauch ausgekommen war (Es handelt sich nach wie vor um die teuflische Knoblauchpaste von der K.). Herr Krautundrübe bestand darauf, seine FFP2-Maske zu tragen. Er naschte offenbar bereits am Nachmittag zu viele Spinat-Schafkäse-Blätterteig-Greek-Style-Ecken mit dem vielen Knoblauch . Ein Glück für Herrn Krautundrübe, dass die FFP2-Maskenpflicht noch state of the art ist, viele – wahrscheinlich die „Genesenen“ – genossen auch das Ohne-Maske! Herr Krautundrübe und ich teilten uns schließlich eine Dose Schwechater-Bier, ließen die tollen Fotografien auf uns wirken, warfen uns einen zufriedenen Blick zu und verabschiedeten uns von der trubeligen Gesellschaft, um dem großen Freund*innenaufgebot von Herrn Kind 2 das Feld zu überlassen. Schön war’s.
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Unlängst las ich in meiner Tageszeitung eine Kolumne übers Nichtschlafen bzw. Nächtliche-Aufwachen-und-nicht-mehr-Einschlafen-können, das mich auch ein paar Mal im Jahr befällt. Dieses ungewollte Aufwachen geschieht gewöhnlich um drei Uhr nachts, also zu einer Zeit, wo man sich schwer zum endgültigen Aufstehen bewegen könnte. Wer kennt das nicht, dieses angezipft im Schwarzen zu liegen und darauf zu warten, wieder einzuschlafen. Der Schlaf wird uns als heiliges Gut verkauft. Jede Veränderung des Schlafes wird tatsächlich als Störung („Schlafstörung“) problematisiert, weshalb nächtliches Muntersein als beunruhigend wahrgenommen wird (Man sollte ja von 8 Uhr morgens bis zumindest 21 Uhr abends funktionieren!) Ich stellte bei mir vermehrtes nächtliches Aufwachen während der Lockdowns fest. Das führte soweit, dass ich nächtens Wäsche aufhing, Tee kochte, Küche aufräumte und dabei feststellte, dass ich – sobald ich das Wachsein nicht mehr problematisierte – wieder durchschlief. Der US-Geschichtsprofessor Roger Ekirch (Bestseller: „In der Stunde der Nacht“) stellte in einer seiner Studien fest, dass in vorindurstrieller Zeit der Zwei-Phasen-Schlaf üblich war. Man ging zu Sonnenuntergang schlafen, um sich nach dem Aufwachen gegen Mitternacht leichten Tätigkeiten wie Schreiben, sich Entlausen, Pfeife rauchen, Eier stehlen etc. zu widmen. Nachtwachen sind demnach normal und der Gedanke daran entspannt mich dementsprechend, sodass ich wohl meine leichten Arbeiten weiterhin vor dem Schlafengehen verrichten werde.
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Not time to sleep: Tina Dico und Helgi Jonsson
Frau Krautundrübe