Religiös sein aus Protest ?

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Ob das Pubertier Kind 3 aus Protest das Sakrament der Firmung empfangen hatte, bezweifle ich. Er wollte es seinen Geschwistern gleichtun und nicht auffallen. Außerdem bescherte es uns einen wunderschönen Festtag, den er uns mit seiner Entscheidung zur Firmung schenkte. Die Familie traf bereits frühmorgens bei uns ein. Gemeinsam stiegen wir den steilen Pfad hinauf auf den Kirchberg vorbei an der Ölbergkapelle, die erst neu renoviert wurde, auf den Kalvarienberg mit den drei Kreuzen, die beinahe bedrohlich wirkten. Also schnell den Blick abgewendet und nur noch wenige Schritte hinein durch das Bogentor vor die Kirche St. Martin (deren früheste Nennung vom 14. September 1247 stammt!). Der Himmel war blau und es kündigte sich bereits ein heißer Tag an. Die Firmung sollte im Freien stattfinden, was das stimmungsvolle Ambiente eindeutig erlaubte. Die jungen Mädchen und Burschen saßen mit ihren Patinnen und Paten in der ersten Reihe teilweise unter der bereits abgeblühten Magnolie, die aber schon reichlich Blätter ansetzte und ausladend Schatten spendete. Es war wieder rührend die vielen jungen Menschen zu sehen, die herausgeputzt – ob im schönen Kleid, im Dirndl, im Anzug oder in der Lederhose – aufgeregt auf den Bänken hin und her wetzten und den Beginn der Zeremonie erwarteten. So unterschiedlich die Firmlinge in ihrer Entwicklung sein mögen, das Erwachsenwerden rast in großen Schritten auf sie zu. Rührend und dankbar schweifte mein Blick auch zum Pastoralassistenten, der auch den Eltern bei der Firmvorbereitung jedesmal so viel mitgab. Ihm verdanke ich eine meiner Lieblings-Singsongwriterin. Bereits vor mehreren Jahren fand mein erstes Elternfirmtreffen von Frau Kind 1 im Pfarrsaal der Gemeinde statt. Um vom Alltag ein wenig runter zu kommen und auf die Kinder eingestimmt zu werden, spielte uns der Pastoralassistent das Lied Du musst die nicht messen von der deutschen Interpretin Dota vor. Seitdem besuchte ich schon viele Konzerte von der Berliner Kleingeldprinzessin Dota. Das Sakrament der Firmung spendete schließlich ein junger Abt, der ebenfalls in der Kirche gefirmt worden war und aus der Gemeinde stammt, was dem ganzen noch einen viel persönlicheren Touch gab. Nach viel schöner Musik gab es noch eine Agape in herrlichstem Ambiente (Der Kuchen, den ich für die Agape spenden wollte, misslang mir blöderweise, ich konnte aber den angekündigten Marmorkuchen beim örtlichen Bäcker kaufen und zum Pfarrhof bringen. Niemand hatte es bemerkt.). Noch ein paar Umarmungen mit anderen Müttern im schicken Dirndl, ein kurzer Austausch mit dem Pastoralassistenten über das nächste Dota-Konzert und ein Achterl Wein im Kreise der Liebsten stiegen wir den Pfad vom Kirchberg wieder nach Hause ab, wo Essen und Trinken im herrlichen Garten-Ambiente auf uns wartete.

Der Tag in Bildern

Family-business mit Stilbruch

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Eher zufällig (draußen Regen) sah ich im Fernsehen einen österreichischen Spielfilm von der Filmemacherin Eva Spreitzhofer „Womit haben wir das verdient“ aus dem Jahr 2018 mit vielen bekannten österreichischen Schauspielgesichtern, wobei die Ich-darf-aber-nirgends-fehlen-Ursula-Strauss tatsächlich fehlte – oder ich war unaufmerksam? Jedenfalls ging es in dem Film um die 16-jährige Nina, die online zum Islam übergetreten war. In der Schule und im Freundeskreis stößt sie auf eine Welle an Solidarität. Umso geschockter ist die atheistische und feministische Mutter Wanda. Die Weltoffenheit der liberalen Patchwork-Familie steht auf dem Prüfstand. Weltanschauungen prallen aufeinander, Sichtweisen verändern sich. Nina trägt ab sofort Kopftuch und heißt jetzt Fatima, alhamdulillah! Um ihre bevorzugte Sportart, das Schwimmen, wieder aufzunehmen, kauft sie sich einen Burkini. Gegessen wird halal, außer wenn sie ein Knabbernossi findet.

Sehr strenge Filmkritik:

Als Culture-Clash-Komödie oder überhaupt als Komödie funktioniert der Film daher leider wenig, er ist letztlich zu überfrachtet mit Intentionen und Andeutungen: Islam als Protest, unterschiedliche Toleranzkonzepte, Religion als Rebellion, das Frauenbild verschiedener gesellschaftlicher Gruppierungen von ganz rechts bis links oder auch das Funktionieren von Patchwork-Familien stehen nebeneinander und ergeben letztlich kein stimmiges Gesamtbild. Denn letztlich läuft alles darauf hinaus, dass es einfacher wäre, wenn die Menschen mehr miteinander reden würden – in der Familie, in der Gesellschaft. Deshalb ist es am Ende vor allem der guten Besetzung – insbesondere Caroline Peters und Simon Schwarz als in vielerlei Hinsicht überfordertes Elternpaar – zu verdanken, dass man dem Treiben auf der Leinwand folgt. Doch noch mit dem wunderbaren Schlusslied wird einem auch vor Augen geführt, dass deutlich mehr möglich gewesen wäre, wäre die originelle Grundidee konsequent ausgeführt worden. (Sonja Hartl in kino-zeit.de)

Die Kritik mag zutreffen. Für mich gings aber eher um die Mütter (und in zweiter Linie um die Väter), die glauben, dass sie tolerant, modern, aufgeschlossen sind. Mögen sie ja auch sein! Aber wehe es geht um die eigene Tochter! Nur zu gut kann ich mich da hineinversetzen! Herrlich, wie klein wir dann doch in unserem großen liberalen Denken sind!

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Tango della Feminista von der italienischen Sängerin Mina – herrlich!

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