Es ist wieder der 5. des Monats und Frau Brüllen fragt #WMDEDGT, oder „Was machst du eigentlich den ganzen Tag?“
Ich wache nach mehreren Wochen des Wegseins in meinem Bett auf, eigentlich reißt der Wecker mich aus einem stakkatoartigen Schlaf mit abwechselnd oftmaligen Aufwachen und wieder Einschlafen, wie ich es schon kenne, wenn ich übermüdet und mit vollem Kopf nach längerer Zeit nach Hause komme. Ich steige im Badezimmer über einen Berg Krautundrüben-Schmutzwäsche, ergattere ein sauberes Handtuch und steige in die Dusche. Dabei merke ich, dass mir vom vielen Sitzen während der Rückreise offenbar die Knie schmerzen und die Achillessehne zieht, sodass ich humpelnd den Pubertier wecke. Während ich den Kaffee bereite, stelle ich fest, dass ich wohl wegen der Müdigkeit und des schlechten Schlafes schwindelig bin. Ich stolpere über meinen halb ausgepackten Koffer, schnappe mir die wichtigsten Unterlagen und Geräte und lade sie ins Auto ein. Froh, das Auto wieder selbst zu lenken, starte ich mit dem Pubertier in den noch dämmrigen Tag. Während der Autofahrt wirkt der Krautundrüben-Pubertier aufgeräumt, er redet und fragt, wie es mir denn in Griechenland während des letzten Monats ergangen ist. Er freut sich, dass ich wieder zu Hause bin, und ich bin froh, dass er die Zeit ohne mich seit jeher so gut schafft. Wie man es sich von einem Pubertier erwartet, schlurft er mit seinen viel zu großen Jeans in seinen viel zu großen Schuhen in Richtung Schuleingang. Ich sehe ihm mit einem Gefühl der Dankbarkeit nach, bis er im Gewirr und Gewusel verschwindet.
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Ich fahre weiter zur Arbeit. Dort zeichnet sich der Semesterbeginn durch reges Treiben vieler junger Menschen ab, die frühmorgens nach ihren Hörsälen suchen. Ich belade mich mit den Utensilien, die ich schnell loswerden will, nehme deshalb sogar den Aufzug in den 2. Stock, wo ich bereits am Gang von Kollegen freudig begrüßt werde. Mir ist zwar ein wenig nach Freundlichsein, aber gar nicht nach Reden, deshalb verschwinde ich sehr schnell in mein Büro, wo ich alles auf einem Tisch ablade. Ich werde später dem für die Geräte Zuständigen per Mail bekannt geben, dass alles wieder in meinem Büro zu finden und abzuholen ist. Ich öffne das Fenster, lausche den Stimmen, die ich nicht zuordnen kann, es riecht nach Kaffee, ich setze mich kurz an den Schreibtisch und beschließe sogleich, wieder nach Hause zu fahren. Der Himmel ist mittlerweile strahlend blau. Ich eile zum Auto und fahre erleichtert los. An der Stadtausfahrt halte ich kurz beim Einkaufszentrum, um Besorgungen zu machen (Zahnbürste und Zahnpasta). In der überhitzten Halle kommt wieder Schwindel und große Müdigkeit auf. Ich registriere aber, dass es für Damenmode in allen Geschäften einen Rabatt von 20 % gibt, versuche, mich kurz dafür zu begeistern. Ich stelle fest, dass es in manchen Geschäften einen eigentümlichen Geruch nach künstlichen Stoffen gibt und beende ziemlich rasch meine Einkaufstour.
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Zu Hause angekommen wird der Koffer ausgepackt und die Pflänzchen versorgt, indem der griechische Salbei mitsamt griechischer Erde in ein Töpfchen kommt. Es überrascht mich nicht, dass die Blätter welken, wurden die Pflänzchen im Koffer ziemlich zusammen gepresst. Bei einem Rundgang im Garten werden noch Tomaten und Auberginen geerntet. Beim Anblick der Wanze, die an der Wand hochkrabbelt, und die es mittlerweile sehr zahlreich in unserem Garten und Haus gibt, überfällt mich auch schon das schlechte Gewissen im Hinblick auf meine Mitbringsel-Pflanzensammlung aus dem jeweiligen Ausland, die das Einschleppen fremder Arten auch begünstigt.
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Als ich die Kritharaki-Nudeln aus meinem Koffer auspacke, steht fest, dass ich Herrn Krautundrübe heute mit einem Giouvetsi überraschen werde. Das Rezept aus meinem Kochbuch für griechische Küche überzeugt mich nicht, ich finde schließlich mehrere Rezepte online und picke mir die mir passenden Gewürze und Zutaten aus den verschiedenen Rezepten heraus. Während das Rindfleisch weichkocht (ca. zweieinhalb Stunden), kann ich Wäsche waschen, Emails beantworten, mit den Krautundrüben-Kindern telefonieren und langsam wirklich daheim ankommen. Es bleibt spannend bis zuletzt, als nämlich die trockenen Kritharaki-Nudeln über das Giouvetsi gestreut werden, um dann alles mit Suppe aufzugießen und im Ofen zu garen. Da ich mir nicht sicher bin, ob die Nudeln tatsächlich weich werden, gieße ich kräftig mit Suppe auf. Nach ca. 40 Minuten ist die Suppe von den Nudeln aufgesogen, jedoch ist der Suppengeschmack zu stark, sodass die guten Gewürze nicht mehr geschmeckt werden, was ich bedaure.
Giouvetsi:
Rindfleisch (oder Lammfleisch, Huhn, natürlich Gemüse etc.), reichlich Zwiebel, Karotten und Rüben, frische (sehr reife) Tomaten oder Dosentomaten, wenig Tomatenmark, Rotwein, viel Knoblauch, Oregano, viele Lorbeerblätter (frisch), wenig Kreuzkümmel und eine Prise Zimt
Ich nehme sehr gutes Biorindfleisch von der Wade aus unserer Tiefkühle. Ich schneide das Fleisch in mundgerechte Stücke, Zwiebel sind schon vorher geschnitten und werden in Olivenöl in der Pfanne angeröstet, das Fleisch und die Karotten werden hinzugefügt, die frischen Gartentomaten kommen ebenfalls nach ca. 4 Minuten hinzu und werden weich gegart. Tomatenmark, Knoblauch, und Gewürze kommen dazu, alles wird mit Rotwein abgelöscht und lange geschmorrt. Der Geschmack ist umwerfend gut, zwischendurch wird wenig Wasser hinzugefügt. Salz und Pfeffer dürfen natürlich nicht fehlen. Wenn das Rindfleisch weich ist und zerfällt, wird alles in eine Auflaufform gegossen und die Kritharaki-Nudeln (Reisförmige Nudeln aus Hartweizen) hinzugefügt und mit Suppe aufgegossen. Bei 175 Grad wird alles im Ofen gegart, bis die Teigwaren in ca. 40 Minuten weich sind. (Leider ist der Suppengeschmack so vordergründig, dass ich das nächste Mal eher auf Wasser und Salz zurück greifen werde.)
Das Giouvetsi kommt gut an und wird in das Repertoire aufgenommen.
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Schlafen.
Frau Krautundrübe