Der Termin in Klagenfurt lässt sich nicht aufschieben. Trotz grippaler Angeschlagenheit bereite ich mich am Vortag ausreichend vor und organisiere mir ein Busticket mitsamt Reservierung. Nach der Fahrt mit der S-Bahn komme ich am Bahnhof in Graz an und sehe auch schon den Überlandbus nach Klagenfurt in die Station einfahren. Es ist nicht die Garnitur, für die ich den Sitzplatz reserviert habe, mit einem oberen Stockwerk, sondern ein langer Doppelbus. Der Fahrer kontrolliert mein Ticket nicht und drängt mich in den Bus mit den Worten, dass ich freie Platzwahl habe. Ich suche mir einen Platz im vorderen Bereich. Die Strecke über den Packsattel ist kurvig, weshalb ein Platz weiter vorne vorteilhaft sein wird. Der Bus ist ein Drittel belegt. Nachdem es durch den morgendlichen Stadtverkehr schleppend vorangeht, geht es wesentlich zügiger auf der Autobahn weiter. Das Draußen ist auffallend trocken und schneefrei. Schnee zeigt sich auf den Bergen am Horizont nur um die Gipfel herum, die leicht angezuckert erscheinen.
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Der Bus fährt in Klagenfurt-Ost von der Autobahn ab. Dort, wo man beim Vorbeifahren auf der Autobahn den Ikea sieht, der ziemlich abgelegenen liegt. Der Bus fährt durch Vororte, viele Einfamilienhäuser, dann die üblichen Gewerbezonen mit den üblichen Geschäften und Märkten. Der Bus fährt in Klagenfurt am Bahnhof ein, ich steige aus und warte auf den Bus mit dem „C“, der zum Strandbad fährt. Ich würde bereits ein paar Stationen davor an der Haltestelle „Universität“ aussteigen. Der Bus fährt ein gutes Stück und eine gute Zeit lang durch die Stadt. Es wirkt alles beschaulich. Wir passieren den Platz mit dem Lindwurm, der mich daran erinnert, dass wir im Stadtzentrum sind. Wir fahren weiter und passieren den Lendhafen, wo plötzlich reges Treiben herrscht. Der Lendkanal ist zugefroren und hunderte Eisläufer:innen ziehen dort ihre Bahnen. Der Bus fährt eine gute Strecke entlang des Kanals. Es sieht wirklich verlockend aus.
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Ich steige schließlich bei der Universität aus, wobei ich noch Zeit bis zum Beginn meiner Vorlesung habe. Ich weiß aus Erzählungen, dass der Wörthersee in der Nähe der Universität sein muss und starte zu Fuß in die von mir gedachte Richtung. Vorbei an einem großen modernen Gebäude mit der Aufschrift „Seepark“ fühle ich mich richtig und beschleunige ich schließlich meinen Schritt. Ich gehe über eine kleine Brücke, dann den Lorettoweg entlang, quere eine Wiese und bin am Ufer des Wörthersees, der sich prächtig und beschaulich in seiner ganzen Winterruhe vor mir erstreckt.
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Die Universität in Klagenfurt ist ebenfalls beschaulich. Sie heißt Alpe-Adria-Universität und beim genauen Zuhören der Studierenden wird die Universität auch ihrem Namen gerecht. Slowenisch, Italienisch und Deutsch halten sich hier die Waage. Das Areal erstreckt sich flächig, die Gebäude sind niedrig und ich mag es dort sehr zu unterrichten, da es durch viele Fensterfronten auch im Inneren sehr transparent und hell ist. Das Studienangebot ist nicht unbedingt klassisch universitär, sondern umfasst viele moderne und gesellschaftlich relevante Bachelor- oder Masterstudiengänge wie zum Beispiel Kulturwissenschaft und Transkulturelle Studien, Medien und Kommunikationswissenschaften, Cross-Border Studies oder Game Studies and Engeneering. Vielleicht in Anlehnung an Ingeborg Bachmann, die ja eine geborene Klagenfurterin ist, passt das Studium Kreatives Schreiben und Schreibkulturen besonders gut an die Alpe-Adria Universität.
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Da mir die Krankheit noch in den Knochen und vor allem im Hals steckt, beende ich meine Vorlesung früher. Ich – als absolute Nicht-Klagenfurt-Kennerin – nutze die Gelegenheit noch einen kurzen Rundgang in der Innenstadt von Klagenfurt zu machen. Ich verlasse den Bus bei der Haltestelle „Lendhafen“, da ich mir das Eislauftreiben nochmals zu Gemüte führen möchte. Wegen der fehlenden Schulkinder hat sich die Anzahl der Eislaufenden am Nachmittag ein wenig reduziert. Das ganze Viertel dort scheint sehr lebendig zu sein. Ich gehe in die „Hafenstadt„, ein sehr hippes Lokal, wo ich eine vegane Kartoffelsuppe mit roten Rüben und einen Kurkuma-Ingwer-Tee zum Gesundwerden trinke. Hier wird die Urban Area ihrem Namen gerecht. Einige Menschen sitzen an ihren Laptops, aber auch Familien mit kleinen Kindern finden sich ein, oder Senior:innen zum Kaffeetratsch.
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Ich gehe schließlich durch Fußgängerzonen und über die Bahnhofstraße zum Bus am Klagenfurter Bahnhof. Hier zeigt sich Klagenfurt eher von einer sehr verschlafenen Seite. Es sind wenige Menschen unterwegs, die Geschäfte sind leer und relativ unspektakulär. Ich steige in den Bus und fahr gerne wieder zurück in meine trubelige Stadt. Das nächste Mal in Klagenfurt möchte ich das Robert-Musil-Literaturmuseum besuchen, das ich kurz vor dem Bahnhof in der Bahnhofstraße passiere.
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Mit Klagenfurt verbinde ich den Kabarettisten Christian Hölbling, der durchaus auch seine musikalische Ader zeigen kann: Christian Hölbling, Massenhaft bledes Graffl.
Frau Krautundrübe